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Erklärung

Wir, einige Frauen/Lesben, haben heute einen Teil des Films: Sommer der Liebe vorläufig ausgeliehen. Damit wollen wir verhindern, dass dieser Film weiterhin im Kino Lumiere gezeigt wird. Die angeblich „schrägste Hommage (!) an die Flower-Power-70er Jahre" ist ein schlechter, pubertärer, sexistischer, brutaler, rassistischer und dummer Film. Wir akzeptieren kein pseudosatirisches Spiel mit Bildern, die eine knallharte Realität widerspiegeln. Diese Form von sexistischer und rassistischer Gewalt ist heute genauso aktuell wie in den 70ern. Das vorHERRschende Frauenbild in Sommer der Liebe ist das Bild vom „naiven Dummchen", das den frauenfeindlichen Sprüchen der Männer aufsitzt und sich in der Rolle als Lustobjekt und Anhängsel angeblich wohlfühlt.
Wir finden es nicht witzig, wenn eine Frau von einem Mann in einem Auto mitgenommen wird, sie vor seiner direkten Anmache in den Wald flüchtet und von ihm verfolgt wird. Es hat mit Satire nichts zu tun, wenn in der nächsten Filmsequenz eben diese Frau zerstückelt aufgefunden wird und anschließend, zu Grillwürstchen verarbeitet, verteilt wird.
Eine andere Szene besteht in der Darstellung eines schwarz angemalten Weißen, der mit einem überdimensionalen Schwanz (Phallus) und einem Baströckchen ausgestattet ist. Um ihn herum sitzen kichernde Frauen, die sich über den „Neger" amüsieren. (Zitat: „Schau mal, ein Neger" oder später „Ich schwitze wie zehn Neger").
Diese zwei Szenen sind beispielhaft für den Charakter des ganzen Films. Wir verlangen von einem Kino wie dem Lumiere, das sich immer wieder explizit von der platten und unkritischen Filmauswahl der kommerziellen Kinos absetzt, sich selbst als politisch-aufklärend versteht, dass dort solche Film nicht gezeigt werden. Es ist nicht das erste Mal, dass im Lumiere derartig sexistische Filme gezeigt werden. Scheinbar haben all die Diskussionen, die mit den Verantwortlichen geführt wurden, nichts an den Auswahlkriterien geändert.
Deshalb sehen wir uns genötigt, selbst zu handeln. DIE WILDEN SPULEN (II)
 

 

aus Titanic 9/94:


Danken, „einige Frauen/Lesben"

alias „Die wilden Spulen (II)", wollen wir Euch doch noch unbedingt dafür, dass Ihr eine Rolle des Films „Sommer der Liebe" von Wenzel Storch aus dem Kino „Lumiere" in Göttingen entwendet, nach ein paar Tagen aber wieder zurückgegeben habt. Und zwar mit einer „Erklärung", die so geht: „Wir akzeptieren kein pseudosatirisches Spiel mit Bildern, die eine knallharte Realität widerspiegeln." Keine Frage, eine Realität, in der am Schluß die männliche Hauptfigur, ein gewisser Oleander alias Conny Kramer, zugrundegeht, wonach dem Leichnam die Beine abgesägt werden, damit er sich besser in einem Römertopf bestatten lässt, hat nichts Widerspiegelnswertes. „Diese Form der Gewalt ist heute genauso aktuell wie in den 70ern." Eben. Wir Conny Kramers dieser Welt können ein Lied davon singen... Danken möchten wir aber auch dafür, dass Ihr uns noch einmal die Möglichkeit gebt, für diesen wirklich ausgezeichneten „schlechten, pubertären, sexistischen, brutalen, rassistischen und dummen Film" die Werbetrommel zu rühren. Herr Storch bedankt sich übrigens auch. Nach langem, vergeblichem Suchen hat er nämlich den Stoff für seinen nächsten Film über die 90er gefunden: Eine Bande äußerst hibbeliger, permanent aufgeregter und ziemlich abgedrehter Frauen/Lesben klaut einen Film, erpresst die Kino-Besitzer, macht es total spannend und gibt den Film am Ende zurück (große Idee: Schließfach des Hauptbahnhofs!). Dazwischen wird viel gestrickt, Tee getrunken, sich lieb gehabt, Brigitte gelesen, Haare gefärbt, Nasenlöcher gepierct, gegen Sexismus und Menstruation gewettert, `rumgealbert, auf Demos rumgegangen, viel gelacht und in den Arm genommen. Total überraschender Schluß: Nach der spannenden Filmrückgabe heiraten alle. Und zwar die Frauen die Lesben bzw. umgekehrt. Die Kinder kriegen sie dann im zweiten Teil. Begeistert? Wir schon: Einige Männer/Schuhgröße-43-Träger auf der

Titanic

 

 

 

die tageszeitung, 13.10.1994:

„Wir werden Euch genau beobachten"

Wegen Sexismus, Rassismus, Faschismus und so weiter klauten die „Wilden Spulen II", eine autonome Göttinger Lesbengruppe, einen Akt von Wenzel Storchs Film „Sommer der Liebe". Mit einer der „Wilden Spulen" sprach Marian Niroumand

Unsere Gesprächspartnerin wollte ihren Namen nicht nennen.

Was genau hat Euch so an Wenzel Storchs „Sommer der Liebe" gestört?

Man sieht darin zum Beispiel, wie eine Hetzjagd auf eine Frau verübt wird, die durch den Wald läuft und später zu Würstchen verarbeitet wird. Außerdem ist da ein Weißer, der schwarz angemalt ist und als „Neger" angesprochen wird. Der Film ist einfach nur total blöd, und wir finden eben, dass solche Filme nicht laufen müssen, und schon gar nicht in so einem Kino.

Gehört das „Lumiere" nicht so ein bißchen zu Eurer neighbourhood, schadet Ihr da nicht der eigenen Seite?

Deshalb sind die Spulen ja auch zurückgegeben und nicht vernichtet worden. Aber das Argument, man wollte doch bloß diskutieren, zieht eben nicht: Zum Diskutieren von Gewalt gegen Frauen war die Spule nicht nötig. Gerade in einem Kino mit Anspruch und mittellinkem Publikum darf es so etwas einfach nicht geben.

Ihr traut den Mittellinken nicht zu, dass sie sich im Griff haben? Hast du denn schon mal erlebt, dass Filme eine dermaßen starke Wirkung ausüben?

Persönlich habe ich keine Erfahrung damit, aber da gibt es Untersuchungen. Es ist zu gefährlich, diese Sachen einfach so zu zeigen. Man steigert einfach die Gewaltbereitschaft.

Welche Filme zeigen Frauen auf eine Art, die Ihr OK findet?

Wir finden zum Beispiel „Komplizinnen" gut, ein Film aus der autonomen Szene über Szenefrauen, die sich eben auch gegen Gewalt wehren, die so zwischen zwanzig und dreißig sind, die arbeiten, studieren und leben. Ein anderer Film, den wir mochten, war „Das Leben ist eine Frau" aus Kasachstan, über eine Frau, die in den Knast kommt, weil sie ihren Mann erschlagen hat, der brutal zu ihr war.

Wie geht es weiter? Was sind die nächsten Aktionen?

Das werde ich Dir jetzt natürlich nicht sagen. Du kannst aber sicher sein, dass wir die Sache im Auge behalten werden.

 


 

 

 

Aus dem Bekennerinnen-Schreiben
Nr. 2:

Aufgrund der Zusicherung, dass der Film Sommer der Liebe nicht mehr gezeigt wird, geben wir die Filmrolle früher als geplant zurück.
Wir gehen davon aus, dass Ihr unsere Warnung ernstnehmt und umsetzt und in Zukunft sofort mit Kritik aus dem Publikum umgeht.
Wenn sich keine grundsätzliche Veränderung Eueres Bewusstseins in Eurer Filmauswahl widerspiegelt, sehen wir uns gezwungen, auch weiterhin Filmrollen zu entwenden.
Ihr könnt davon ausgehen, dass Ihr dann diese Filmrollen nie wiedersehen werdet.
Sommer der Liebe befindet sich im Schließfach am Hauptbahnhof, Göttingen. Schlüssel liegt bei.
Wir werden Euch weiterhin beobachten. Die Wilden Spulen (II)