Christina Bednarz,
NEUE PRESSE, 9.6.1990
Film ärgert Kirchenväter und Schnapsbrenner
„Kehre um, wenn der Film nicht
so ist, daß Deine Mutter dabei sein dürfte!"
Die Warnung am Beginn von Wenzel Storchs Werk „Der Glanz dieser Tage"
sollte sich zu Herzen nehmen, wer nicht auf grell-buntes und ätzend-schrilles
Experimentalkino steht.
Als roter Faden zieht sich die Geschichte
eines biederen Mannes (Jürgen Höhne), der von dem Wunsch beseelt ist,
Pfarrer zu werden, und seiner Ehefrau (Alexandra Schwarzt), die dieses
Vorhaben vereiteln will, durch die Leinwand-Posse. Denn was Storch da
aus Episoden mit Laiendarstellern, Pappkulissen und Kasperletheater zusammengemixt
hat, ist ein Schlag unter die Gürtellinie der Kirchenväter im Allgemeinen
und unter die der Katholischen im Besonderen.
„Wenn man so `ne katholische Kindheit hatte wie ich", erklärt der Regisseur
sein Erstlingswerk, „dann geistern halt irgendwann mal Priester über die
Leinwand." Und wie sie geistern! Mal als Kasperlefigur, die die „größte
Popelsammlung der Welt im Vatikan" erweitert, dann als reale Person, die
mit den Meßdienern vorm Schwimmen darum betet, „dass die Fischlein nicht
ins Wasser pissen."
An einen Videoclip erinnern Szenen, in denen ein Stoff-Frosch zwischen
Kaudragees eine Puppe vergewaltigt oder ein „Gottessucher" zwischen Passanten
auf dem Hildesheimer Schützenfest umherkrabbelt (übrigens keine gestellte
Szene).
Zuerst witzig, später eklig persifliert Wenzel Storch religiöse Bräuche,
läßt Kinderhände als Akt der Buße von Autos zerquetschen und Messdiener
mit Engeln erotische Fressorgien feiern. Zu solch einem widerlichen Mahl
lässt sich ein Gottesdiensthelfer durch den Genuß eines „Schlüpferstürmers"
hinreißen, dem hochprozentigen Produkt eines Sarstedter Getränkefabrikanten.
Und gerade diese Szene wurde dem Schnaps-Chef Gerhard Otto Plage zur Plage:
Er drohte Storch, den Film durch eine gerichtliche Verfügung verbieten
zu lassen. Doch bisher blieb das nur eine hohle Drohung, so hohl wie die
Posse nach Meinung vieler Zuschauer ist, die den vom Hamburger Filmbüro
geförderten 55 000 D-Mark teuren Film bereits gesehen und vorzeitig verlassen
haben.
Storch sieht das gelassen: „Die Reaktionen sind halt total unterschiedlich.
Die einen finden das absolut Scheiße, die anderen finden`s gut."
Ein Tip des Regisseurs für die Ersteren: „Wenn man sich den Film besoffen
anguckt, dann ist er hinreißend, dann flutscht alles nur so vorbei."
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